Veröffentlicht am: 30.03.2023 | Bearbeitet am: 02.05.2024 | Autor: A. Bogen

Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gescheitert: Was bedeutet das Schlichtungsverfahren?

Der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst ist bereits einigen Wochen in aller Munde. Nun sind die Verhandlungen zwischen den Arbeitgebern der öffentlichen Hand und den großen Gewerkschaften im öffentlichen Dienst - allen voran Ver.di und dbb - nach der dritten Verhandlungsrunde gescheitert. Als Folge startet nun ab dem kommenden Sonntag ein Schlichtungsverfahren. Was bedeutet das konkret und was sind die nächsten Schritte? 

Warum braucht es im Tarifstreit jetzt auch noch ein Schlichtungsverfahren?

Das Schlichtungsverfahren ist ein Verfahren zur Beilegung von Konflikten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn Tarifverhandlungen ohne Ergebnis geblieben sind. Eine unabhängige Schlichtungskommission wird damit beauftragt, eine Einigung zu erzielen. Die Schlichtungskommission besteht aus Vertretern beider Tarifparteien und einem unabhängigen Vorsitzenden. Im Gegensatz zu den Verhandlungen sind während des Schlichtungsverfahrens keine Streiks erlaubt.

Das nun einberufene Schlichtungsverfahren im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst wird von Georg Milbradt für die Arbeitgeberseite und Hans-Henning Lühr für die Gewerkschaften geleitet. Beide sind erfahrene Schlichter und haben in der Vergangenheit schon in anderen Tarifkonflikten als Vermittler fungiert.

Dabei sind die Fronten aktuell nicht nur klar, sondern regelrecht verhärtet: Während der Verhandlungen forderten die Gewerkschaften weiterhin eine Lohnerhöhung von 10,5 Prozent, die Arbeitgeber machten schrittweise Zugeständnisse und kamen nach und nach auf die Arbeitnehmervertreter zu. Zuletzt boten sie eine Erhöhung von 8 Prozent und mindestens 300 Euro sowie eine Einmalzahlung von 3.000 Euro

Zu einer Einigung kam es in der nun gescheiterten dritten Verhandlungsrunde dennoch nicht, da sich beide Parteien nicht über die festzulegende Laufzeit einigen konnten. Das Angebot der Arbeitgeber sah einen Zeitraum von 27 Monaten vor, die Gewerkschaften wollten aber schon nach zwölf Monaten den Weg frei für die nächsten Erhöhungen machen.

Wie funktioniert das Schlichtungsverfahren zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst?

Die Schlichtungskommission wird nun bis Mitte April eine Lösung auf Basis der vorliegenden Angebote suchen. Die dabei erarbeiteten Vorschläge müssen anschließend von Arbeitgebern und Gewerkschaften erneut verhandelt werden. Ob das jedoch zum Erfolg führt, bleibt ungewiss. Denn leider besteht auch die Möglichkeit, dass die Schlichtung nicht zu einer Einigung führt, wie es beispielsweise im Jahr 1992 auch schon einmal der Fall war. Die unschöne Folge damals: Wochenlange und heftige Warnstreiks.

Am 22. April werden die Verhandlungen der Tarifparteien in Potsdam wieder aufgenommen.

Wird die Schlichtung zum Erfolg führen - oder kommen jetzt gleich die nächsten Streiks?

Das Schlichtungsverfahren ist ein wichtiger Schritt, um den Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst zu lösen. Die Schlichtungskommission wird versuchen, eine Lösung zu finden, die für beide Seiten akzeptabel ist. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Gespräche in den kommenden Wochen verlaufen werden. Schlichtungskommissionen haben in der Vergangenheit immer wieder dazu beigetragen, eine Lösung zu finden. Zudem arbeitet eine derartige Kommission nach festen Regeln und Fristen und versucht aktiv, eine für beide Seiten akzeptable Einigung zu erzielen - ohne dabei mögliche Verstimmungen aus den zuvor gescheiterten Gesprächen mit an den "neuen" Verhandlungstisch zu nehmen.

Ein weiterer Vorteil: Da während der Zeit der Schlichtung keine Streiks stattfinden dürfen, trägt die damit einhergehende "Verschnaufpause" ebenfalls zu einer Entspannung der Situation bei.

TVÖD-Schlichtungsverfahren: Empfehlung der Schlichtungskommission

Die Schlichtungskommission hat eine Empfehlung für die Beilegung des Tarifkonflikts vorgelegt, die vom zweiten Vorsitzenden unterstützt wird.

Die Empfehlung sieht unter anderem ein Inflationsausgleichsgeld in Höhe von 1.240 Euro für Beschäftigte unter TVöD und TV-V vor, das ab Juni 2023 gezahlt werden könnte. Ebenso Bestandteil des Vorschlags: Eine Erhöhung der Tabellenentgelte um 200 Euro und anschließend 5,5 Prozent ab März 2024.

Für Studierende, Auszubildende und Praktikant*innen soll es zudem abweichende Regelungen geben. Hier stehen ein Inflationsausgleichsgeld in Höhe von 640 Euro sowie eine monatliche Zahlung von Juli 2023 bis Februar 2024 in Höhe von 110 Euro im Raum. Die Vereinbarung hätte eine Laufzeit von 24 Monaten ab Januar 2023.

Übrigens: Hätte auch die im Schlichtungsverfahren erarbeitete Empfehlung nicht zu einer Einigung geführt, wären weitere Arbeitskämpfe ziemlich wahrscheinlich gewesen. Doch glücklicherweise kam es am Wochenende zu einer Einigung.

Tarifergebnis steht: Das wurde beschlossen!

Die Empfehlung der Schlichtungskommission wurde am 22. April 2023 von Bund und Kommunen in weiten Teilen angenommen. Die Vereinbarung enthält folgende Kernpunkte:

Eine steuerfreie Zahlung von 1.240 Euro ab Juni 2023 und eine weitere monatliche Zahlung von 220 Euro von Juli 2023 bis Februar 2024. Beschäftigte in Teilzeit erhalten die Zahlungen anteilig, Auszubildende die Hälfte des Gesamtbetrages von 3.000 Euro.

Grundsätzliche Anhebung der Entgelte um einen pauschalen „Sockelbetrag“ in Höhe von 200 Euro ab März 2024 sowie weitere 5,5 Prozent. Dabei muss die Gesamtsteigerung mindestens 340 Euro pro Monat betragen. So sollen Ungleichheiten und vor allem Nachteile für die unteren Entgeltgruppen ausgeglichen werden.

Studierende, Auszubildende und Praktikant*innen erhalten ein Inflationsausgleichsgeld in Höhe von 620 Euro und zusätzlich von Juli 2023 bis Februar 2024 eine monatliche Zahlung von 110 Euro netto. Außerdem werden die Ausbildungsentgelte ab März 2023 um 150 Euro erhöht.

Die Laufzeit des Tarifvertrages ist 24 Monate. Das heißt: schon Anfang 2025 sollten wir uns alle auf neue Tarifverhandlungen einstellen. 

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